Teures Griechenland – wie lässt sich der plötzliche Preisanstieg erklären?

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Es steht außer Frage, dass Griechenland in den letzten Jahren einige finanzielle und politische Krisen einstecken musste. Die Corona-Krise traf Griechenland in einer Phase, in der das Land noch immer mit den Folgen des harten Sparkurses der Eurokrise zu kämpfen hatte. Umso erfreulicher ist es, dass die Nachfrage für touristische Aktivitäten seit diesem Jahr wieder stark ansteigt und besonders ein Yachtcharter Urlaub in Griechenland immer mehr Beliebtheit erfährt. Bei der Suche nach einem passenden Boot für die kommende Saison 2022 wundern sich jedoch viele Urlauber, wieso die Preise im Vergleich zu den letzten Jahren so stark angestiegen sind. Wie lassen sich die teils drastischen Erhöhungen der Charterpreise in Griechenland erklären?  

Wir von GlobeSailor haben ausführlich über die aktuelle politische, finanzielle und gesellschaftliche Lage in Griechenland recherchiert und uns mit einigen griechischen Vercharterern, die bereits seit vielen Jahren zu unseren besten Partnern gehören, ausgetauscht. In diesem Beitrag erklären wir Ihnen, wie sich die stark ansteigenden Preise in dem beliebten Urlaubsland erklären lassen und warum es sich dennoch lohnt, dort zu chartern.  

Gründe für die höheren Charterpreise in Griechenland

1. Politische und wirtschaftliche Faktoren 

Zum einen haben die geplanten neuen Mehrwertsteuervorschriften in Griechenland Auswirkungen auf die Yachtcharter-Branche. Der voraussichtliche Anstieg des Standard-Mehrwertsteuersatz auf 24% hat zu Folge, dass die Vercharterer sich auf höhere Abgaben einstellen müssen und somit die Preise erhöhen. Generell gilt die Regelung, dass die Mehrwertsteuer für die Zeit, in der sich die Yacht in griechischen Gewässern befindet, zum vollen Satz des Landes (in Griechenland demnach 24%) erhoben werden muss. Besonders die Unsicherheit in Bezug auf die Mehrwertsteuererhebung bereitet den Vercharterern Sorge, erklärte uns die griechische Charterfirma Hermes Yachting.  

Des Weiteren hat die Privatisierung wichtiger griechischer Häfen Einfluss auf die steigenden Charterpreise in Griechenland. Zum Beispiel wurden die Häfen der beliebten Urlaubsinsel Mykonos, der Stadt Heraklion auf Kreta und der Insel Korfu verpachtet. Wichtig sind auch die Häfen von Elefsina rund 30 Kilometer westlich von Athen, Lavrion im Osten der griechischen Hauptstadt, aber vor allem die große Marina in Athens Stadtteil Alimos Kalamaki, die rund 1000 Boote beherbergt. Zudem sollen die westgriechischen Häfen von Patras und Igoumenitsa privatisiert werden. Durch die Privatisierung können die Tarife nicht mehr vom griechischen Staat gesteuert werden und es kann zu steigenden Preisen sowohl für Einheimische als auch für Touristen kommen. Die Yachthafengebühren in Griechenland stiegen von 25% auf 132% im Jahr 2021. (Quelle: Sail Your Myth).  Besonders in der Hauptsaison müssen Reisende demnach mit höheren Liegepreisen in der Marina rechnen.  

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Die beliebte Urlaubsinsel Mykonos

Innerhalb der letzten zwei Jahren wurden in Griechenland neue Gesetze und Steuern, wie zum Beispiel die Bootsabgabe TEPAI, die für alle Wasserfahrzeuge ab einer Länge von 7 Metern entrichtet werden muss, erlassen. Da es die neuen gesetzlichen Regelungen zum Teil vorher noch nicht gab, entstehen zusätzliche Kosten für die Charterfirmen. “Wir müssen also einen Weg finden, die Kosten zu begleichen und trotzdem wirtschaftlich zu wachsen” erklärt uns ein bekanntes griechisches Charterunternehmen, das namentlich nicht genannt werden möchte.  

Zusätzlich trägt auch die weltweit immer stärker steigende Inflation, die auch Dienstleistungen betrifft, zum Preisanstieg in Griechenland bei. Seit Mitte 2021 ist in allen Volkswirtschaften der Welt ein Inflationsdruck zu verzeichnen. Im November 2021 lag beispielsweise die 12-Monats-Inflation in den USA bei 6,8%, in Deutschland bei 6%, in Frankreich bei 3,4% und in Griechenland bei 4,8%. In der gesamten Eurozone lag die 12-Monats-Inflation im November vergangenen Jahres bei 4,8%. Die griechische Charterfirma CV Yachts bestätigt uns, dass der Inflationsdruck im Land einer der Hauptgründe für die geplanten Preissteigerungen für die neue Saison ist. 

Generell werden griechische Unternehmen mit einigen zusätzlichen Kosten konfrontiert. Der Strompreis in Griechenland, zum Beispiel, ist in den letzten sechs Monaten um 50 % gestiegen, wodurch ebenfalls höhere Kosten für die Charterfirmen entstehen, die sich wiederum auf die steigenden Preise für Kunden auswirken. “Die Preissteigerungen bei lokalen Lebensmitteln, Brennstoffen und Baumaterialien werden in der nahen Zukunft außerdem zu höheren Lohnkosten führen”, erklärte und das Charterunternehmen Sail Your Myth.  

2. Auswirkungen der Corona Pandemie 

Zuletzt hat natürlich auch die Corona Pandemie, die sich zu Beginn 2020 weltweit zunehmend ausgebreitet hat, Spuren in Griechenland hinterlassen. Die Pandemie hatte nicht nur schwerwiegende Folgen auf das Gesundheitssystem Griechenlands, sondern auch auf die finanzielle Lage vieler großer und kleiner Unternehmen. Der Tourismussektor trägt etwa ein Fünftel zum griechischen Bruttoinlandsprodukt bei. Im Sommer 2020 ging der Tourismus gegenüber dem Rekord-Jahr 2019 mit 34 Millionen Ankünften um 78 Prozent zurück. Betrachtet man den Gesamtbeitrag von Reisen und Tourismus zum Bruttoinlandsprodukt in Griechenland von 2012 bis 2020, so kann man einen deutlichen Rückgang feststellen (untenstehende Abbildung).  

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Da die finanziellen Verluste in der Zeit der Pandemie sehr groß waren, versuchen viele Charterfirmen die entstandenen Verluste durch Preiserhöhungen auszugleichen. Während der Krise waren deshalb einige Vercharterer dazu gezwungen, ihre Boote zu verkaufen, um sich finanziell über Wasser zu halten. Des Weiteren hat die Corona Pandemie zu Dumpingpreisen geführt, die niedrigere Einkommen und weniger Investitionen zur Folge hatten.  

“Wir finden es mehr als notwendig, die Preise auf das Qualitätsniveau des griechischen Tourismus zu bringen. Wir möchten wettbewerbsfähig sein, um an den Konkurrenten Kroatien heranzukommen und auf der Ebene des Betriebs mehr Möglichkeiten zu schaffen”, so der Charter Manager von Hermes Yachting.  

Zweifellos wurde die griechische Yachtcharterbranche durch die sinkenden Einnahmen, die außerdem mit dem Verlust von Arbeitsplätzen und dem allgemeinen Rückgang des Konsums einhergehen, schwer getroffen. Dazu kommt der Punkt, laut Hermes Yachting, dass viele Menschen momentan Angst haben, einen Yachtcharter Urlaub in Griechenland zu buchen. Nicht nur wegen der finanziellen Einbußen, die ihnen drohen, sondern auch aus psychologischen Gründen. Vor allem außereuropäische Touristen, wie beispielsweise aus Russland sollen in den vergangen zwei Jahren Schwierigkeiten gehabt haben, nach Europa einzureisen. Dies zeigt sich nun in der Zahl von Angeboten und Anfragen aus diesen Ländern, die deutlich geringer sind als zuvor. Die Ausstellung von Gutschriften als Ersatz für Reisen, die nicht zustande gekommen sind, verursachte für die Vercharterer außerdem viel Arbeit, Druck und die Notwendigkeit eines veränderten Buchungsprozesses. Dadurch, dass viele Personen nun eher Lastminute statt frühbuchen fehlt den Firmen der Cashflow.  

Die Unterschiede in den Preiserhöhungen variieren zudem stark bei den verschiedenen Charterunternehmen in Griechenland. Eine Charterfirma, die namentlich hier nicht genannt werden möchte, versichert uns, für die Chartersaison 2022 keine Erhöhung auf der Preisliste vorzunehmen. Andere Firmen hingegen sehen sich dazu gezwungen, die Preise zu erhöhen, um sich selbst über Wasser zu halten. Das Unternehmen Sail Yor Myth gab infolge der genannten Faktoren zu, die Charterpreise überdenken zu müssen. Sie gehen von einer Preiserhöhung von etwa 11% – 12% für das Jahr 2022 aus. Ebenfalls bestätigte die Firma CV Yachts, die Charterpreise für die kommende Saison erhöhen zu müssen aufgrund der steigenden Materialkosten, der zusätzlichen Steuern und der Inflation.  

3. Steigende Nachfrage 2021/2022 

Im Sommer 2021 stand die Yachtcharter-Industrie nun wieder einer hohen Nachfrage gegenüber. Die allgemeine Reiselust der Europäer steigt wieder stark an (siehe untenstehende Abbildung) und viele geimpfte Personen sehnen sich nach einem Urlaub in Griechenland. Da die Nachfrage nun sehr hoch ist und viele Boote zuvor verkauft wurden, herrscht eine allgemeine Knappheit an Yachten in den beliebten Revieren. Dementsprechend steigen die Charterpreise in Griechenland rapide an.

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Nicht nur der Urlaub auf dem Boot, sondern auch in Hotels ist in diesem Jahr deutlich teurer geworden: “Für eine Nacht im Hotel müssen Gäste im Schnitt mit 153 Euro rechnen, 2019 zahlten Reisende durchschnittlich nur 106 Euro. Bei Ferienunterkünften werden durchschnittlich 122 Euro verlangt, im Jahr vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie lag der Preis bei 88 Euro pro Nacht” (Quelle). Während die griechischen Inseln Kreta und Rhodos um rund zehn Prozent teurer geworden sind, kostet das Festland sogar bis zu 50 Prozent mehr als 2019 (Quelle).

Die extrem gestiegene Nachfrage und die Knappheit, diese zu befriedigen ist nicht nur in der Nautik-Industrie, sondern auch in anderen Bereichen, wie zum Beispiel der Automobil- und Elektronikbranche, zu beobachten. Wichtige Rohstoffe fehlen, es kommt zu Verzögerungen bei Lieferungen und die Preise steigen rapide an. ‘”Im Jahr 2021 stiegen die Preise für Bootsersatzteile und Baumaterialien in einigen Fällen um 15% bis 70%”, erklärt uns die griechische Charterfirma Sail Your Myth

Es kommt also nicht nur zu höheren Reparatur- und Transportkosten, sondern es dauert auch deutlich länger, die Boote zu warten und neue Boote zu kaufen. “Viele Bootsbauer haben ihre Preise im Jahr 2021 um das Zwei- bis Dreifache erhöht. Die Preise für Boote der Marke Lagoon sind beispielsweise um rund 12,5% und die für Boote der Marke Bali um rund 10% gestiegen”, erzählt ein Mitarbeiter von Sail Your Myth. Die Bootsflotten in Griechenland können also nicht von heute auf morgen aufgestockt werden, sondern aufgrund der Lieferengpässe und steigenden Materialkosten wird es mehrere Jahre dauern, bis wieder einige neue Boote in den Häfen zur Verfügung stehen.  

 

Charterpreise in Griechenland – Fazit 

Die Gründe für die höheren Charterpreise in Griechenland beruhen demnach auf politischen und wirtschaftlichen Veränderungen sowie auf den Auswirkungen der Corona Pandemie. Die Charter Firmen vor Ort sind vor allem mit der Unsicherheit der zukünftigen Situation, den lokalen Preissteigerungen sowie mit den finanziellen Einbußen durch die Pandemie konfrontiert. Die steigende Nachfrage, die neuen Investitionen und die sich langsam verbessernte allgemeine Lage in Griechenland zeigen jedoch ein insgesamt positives Bild für die Zukunft. Trotz der Krisen und der ansteigenden Preise bleibt das Land nach wie vor eines der beliebtesten Yachtcharter Ziele in Europa. Die angenehmen Temperaturen, die langen Sandstrände, die vielfältigen Insel-Archipele und die außergewöhnliche Gastfreundschaft der Menschen finden Sie in kaum einer anderen europäischen Destination.  

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